Auswertung Bundestagswahl

Das Wahlergebnis vom 23. Februar von 8,8 % der Zweitstimmen bedeutet, dass 4.355 Millionen Menschen Die Linke gewählt haben.

Das prozentuale Ergebnis war mit 19,9 % in Berlin am höchsten, am niedrigsten in Bayern mit 5,7 %. Zweistellige Ergebnisse gab es nicht nur in den ostdeutschen Ländern (Thüringen 15,2 %, MVP 12,0 %, Sachsen 11,3 %, Sachsen-Anhalt 10, 8 und Brandenburg 10,7 %), sondern auch in Bremen (14,8) und Hamburg (14,4 %). Hessen (8,7), NRW (8,3), Niedersachsen (8,1), Schleswig-Holstein(7,8), Saarland (7,3) Baden-Württemberg (6,8) und Rheinland-Pfalz (6,5 %) bilden die weitere Reihenfolge.

Aber die Prozentzahlen täuschen. Die 8 Bundesländer mit Ergebnissen von mehr als 10 % haben auf Grund ihrer niedrigen Einwohnerzahlen nur zu knapp 35 % des Gesamtergebnisses beigetragen. In Berlin hatten wir 70.000 weniger Stimmen als in Bayern, in NRW nur 60.000 Stimmen weniger als in sämtlichen östlichen Bundesländern zusammen(ohne Berlin).

Die Schlussfolgerung daraus:
Wir sind als Linke wieder im gesamten Bundesgebiet präsent. Es ist aber erforderlich, diese Präsenz in den westlichen Bundesländern deutlich auszubauen und zu versuchen, wenigstens einen Teil der früheren Stärke in den ostdeutschen Ländern zurückzugewinnen.
Dies kann möglicherweise vor allem bei Menschen möglich sein, die zum BSW abgewandert sind und immer noch der Meinung sind, es handle sich bei dieser Gruppierung um ein linkes Projekt. Jetzt, wo das BSW nicht mehr im Bundestag vertreten ist, wird der Medienhype abnehmen und diejenigen, die eigentlich links denken und fühlen, werden sich möglicherweise von ihrer Illusion verabschieden.
Das Phänomen BSW ist ein fast reines Ost-Phänomen. 11,2 % in Sachsen-Anhalt ist der Spitzenwert. Es folgen Brandenburg mit 10,7 %, MVP mit 10,6, Thüringen mit 9,4 und Sachsen mit 9 %. In Berlin sind es die Ostbezirke, die zu einem Wert von 6,6 % beitragen: Marzahn/Hellersadorf 10,9, Lichtenberg 10,1, Treptow-Köpenick 9,2 %. In den westlichen Bundesländern gibt es nur im Saarland mit 6,2 % ein Ergebnis über 5 %, ansonsten Werte zwischen 3,1 % in Bayern und 4,4 % in Hessen.
Auch die AfD hat eindeutig ihre Schwerpunkte im Osten mit dem Spitzenwert in Thüringen von 38,6 %. Es folgen Sachsen mit 37,3, Sachsen Anhalt mit 37,1, MVP mit 35 und Brandenburg mit 32,5 %. In Berlin sind die Spitzen in den Ost-Wahlkreisen: Marzahn-Hellersdorf 31,2, Lichtenberg 22,4, Treptow-Köpenick 21,6 %.
Das niedrigste Ergebnis hat die AfD in Hamburg mit 10,9 % erreicht; es folgen Bremen mit 15,1, Schleswig-Holstein mit 16,3, NRW mit 16,8, Hessen und Niedersachsen mit je 17,8 %. Auch Bayern 19,0 und Baden-Württemberg mit 19,8 liegen noch unter 20 %, während Rheinland-Pfalz mit 20,1 knapp darüber liegt. Spitzenreiter im Westen ist wieder einmal das Saarland mit 21,6 %.
Ich vermute, dass es sehr schwer sein dürfte, diese Menschen für die Linke zu gewinnen oder zurückzugewinnen, weil die rechte Erzählung bei ihnen auf fruchtbaren Boden gefallen ist, dass nicht die Kapitalisten an ihrer Lage schuld sind, sondern Menschen, auf die sie herabschauen können.
Eine dritte Gruppe von Menschen, die für uns Linke ansprechbar ist und wo Überzeugungsarbeit wahrscheinlich deutlich einfacher ist als bei AfD-Anhängern, sind Menschen, die von der SPD endgültig enttäuscht sind. Sie sind schon jetzt in Scharen auch zur Linken gewechselt, was die Wählerwanderungsanalysen deutlich bestätigen. Ich halte es aber für nicht ausgeschlossen, dass in Zukunft verstärkt auch Mitglieder der SPD eine neue linke Heimat suchen, weil sie die Rolle der SPD als Mehrheitsbeschafferin für eine rechtspopulistische Merz-CDU nicht mittragen wollen, die unter dem Erpressungsnarrativ erfolgt: Wenn ihr nicht, dann eben mit der AfD.

Zum Wahlkreis 63
Wir haben als Partei 15.771 Zweitstimmen erzielt (10,6 %), Leon erhielt 16.785 Erststimmen (11,3 %).
Das Zweitstimmenergebnis ist minimal schlechter als der Landesdurchschnitt, der 10,7 % betrug. Auch bei den Erststimmen war das Landesergebnis um 0,2 % höher.
Wir liegen bei Erst- und Zweitstimmen auf Platz 5 der 10 brandenburgischen Wahlkreise.
Leon hat in Erkner mit 15,1 % deutlich mehr Erst-als die Partei Zweitstimmen bekommen, in allen anderen Gemeinden und Ämtern sind die Unterschiede geringer; in Schöneiche war die Zahl der Erststimmen niedriger als die der Zweitstimmen.

Da wir vor allem einen Zweitstimmenwahlkampf führen wollten, betrachte ich die Erststimmen in der Folge nicht mehr. Auch beschränke ich mich auf den LOS, nicht ohne darüber zu informieren, dass Frankfurt/O mit 22 % der Bevölkerung im Wahlkreis mit 24 % zu unserem Ergebnis beigetragen hat. Das Zweitstimmenergebnis lag leicht überdurchschnittlich bei 12,2 %, das Erststimmenergebnis bei 13,1.
Wenn man sich die erreichten Prozentzahlen ansieht, dann fällt auf, dass sie in den Berliner Randgemeinden am höchsten sind. An der Spitze liegt Schöneiche mit 12,8 %, es folgen Woltersdorf mit 12,6 und Erkner mit 12,5 %. Fürstenwalde (11,1), Storkow (10,7) und Grünheide mit 10,2 % sind ebenfalls zweistellig. 7 Gemeinden oder Ämter haben eine 9 vor dem Komma, und zwar Spreenhagen (9,9), Beeskow (9,8), Eisenhüttenstadt(9,7), Scharmützelsee und Rietz Neuendorf mit je 9,3, Odervorland (9,1) und Tauche (9,0). Schlusslichter sind Schlaubetal (8,5), Friedland (8,4), Neuzelle (7,1) und Brieskow Finkenheerd mit 7 %.
Aber auch hier täuschen die Prozentzahlen. Die meisten Stimmen, nämlich knapp 2.000, kommen aus Fürstenwalde, es folgen Hütte mit 1.340, Schöneiche mit 1.190 und Erkner mit 965, das sind schon 46 % der Stimmen im Landkreis. Wenn man noch Woltersdorf (750), Scharmützelsee (670), Storkow (655), Odervorland (640), Grünheide (625) , Spreenhagen (610) und Schlaubetal (605) berücksichtigt, dann sind wir bei knapp 85 % der Stimmen. Der Rest entfällt auf Beeskow (510); Brieskow Finkenheerd (370), Neuzelle (310), Rietz Neuendorf (275), Tauche (235) und Friedland (180).

Hier noch einige überdurchschnittliche Einzelergebnisse aus Gemeinden:
Amt Spreenhagen: Gosen 11,8 % / 110 Stimmen; Neu Zittau 12,1/ 93; Hartmannsdorf 10,6/ 48. In allen drei Gemeinden liegen auch die AfD und das BSW deutlich über dem Wahlkreisdurchschnitt.
Amt Odervorland: Jacobsdorf 11,1 %/ 43 Stimmen; Pillgram 10,8 / 32; Sieversdorf 12,9/ 19; Arensdorf 11,1/ 24; Heinersdorf 11,7/ 51; Neuendorf 10,8/ 30; Gölsdorf 11,0/ 10. Auch hier mit Ausnahme von Sieversdorf die AfD weit über Durchschnitt; BSW in Sieversdorf weit über Durchschnitt.
Rietz Neuendorf: Glienicke 11,2 % / 35 Stimmen; Ahrensdorf 11,0 / 10; Pfaffendorf 10,8/ 21; Görzig 10,7/ 23; Neubrück 10,3 / 21; Alt Golm 10,2 / 26; Überall AfD weit über Durchschnitt und teils sehr gute BSW-Ergebnisse, so in Alt Golm, Pfaffendorf, Neubrück.

Wo es nichts zu holen gibt:
Die meisten für uns völlig uninteressanten Dörfer gibt es im Amt Odervorland:
Tempelberg 2 Stimmen / 1,7 %; Falkenberg 3 / 3,1; Petersdorf 4 / 2,9; Schönfelde 5 / 5 %. In Falkenberg, Petersdorf und Demnitz hat die AfD mit 64,6, 60,1 und 61,0 mit ihre besten Ergebnisse im Wahlkreis erzielt.
In Tauche ist in Briescht (4,8 % / 6 Stimmen) und Falkenberg (2,9 % / 3) nichts zu holen, AfD dort 64,3 und 62,1 %.
In Spreenhagen macht Braunsdorf seinem Namen alle Ehre. AfD 55,8 %, für uns 5 Stimmen und 3,2 %.

Bei der Briefwahl ist nur die generelle Aussage möglich, dass unsere Briefwahlergebnisse praktisch überall deutlich besser sind als die Urnenwahlergebnisse. Eine genaue Zuordnung ist leider nicht möglich, da die Briefwahlbezirke mehrere Urnenwahlbezirke zusammenfassen.
Die Ursache für die besseren Briefwahlergebnisse liegt darin, dass wir viele Stammwählerinnen und -wähler haben, die sich schon frühzeitig entschieden haben. Auch beim BSW ist dieser Effekt – und noch viel krasser – bemerkbar.
Die AfD hingegen kann bei der Briefwahl oft nur etwa die Hälfte der Urnenergebnisse erreichen. Sie macht dafür immer Wahlbetrug geltend – der Grund liegt aber darin, dass AfD-Wähler sich überwiegend erst kurzfristig entscheiden nach dem Motto: Heute zeigen wir es ihnen mal.

Die SPD hat in unserem Wahlkreis noch stärker eingebüßt als im Landesdurchschnitt. In Brandenburg hat sie ihr Ergebnis halbiert, von 29,4 auf 14,8 %. Bei uns im WK 63 war der Rückgang von 29,5 auf 13,6 %.
Auch die CDU hat schlechter abgeschnitten als im Landesdurchschnitt. 18,1 % im Land stehen 16,6 % im Wahlkreis 63 entgegen.
Die Grünen haben in Brandenburg 6,6 % erreicht, im WK 63 nur 4,8 %. Bei der FDP sind Landes- und Wahlkreisergebnis fast gleich, nämlich mit 3,25 bzw. 3,15 % weit unterhalb der 5 -%-Marke, die die FDP in keinem einzigen Wahlkreis in Brandenburg erreicht hat.
Das BSW hat im Wahlkreis 12,6 % erreicht, das ist der höchste Wert in Brandenburg. Eine Erklärung dafür kann darin bestehen, dass unser Wahlkreis an den Osten von Berlin angrenzt, wo das BSW ebenfalls sehr erfolgreich war. Wir haben nämlich ähnlich hohe Werte auch in den Wahlkreisen 57, 59 und 62, die ebenfalls an den Berliner Osten angrenzen. Das beste BSW-Ergebnis haben wir in Grünheide mit 13,6 % und Erkner mit 13,2 %, wobei in Grünheide insbesondere Mönchwinkel mit knapp 20 % auffällt, dem Wohnort eines früheren Kreistagsmitglieds der Linken.
Aber Frankfurt mit 13,3 %, Schlaubetal mit 13,5 oder Rietz Neuendorf mit 13,1 % passen nicht in diese Theorie. Wenn man sich ansieht, welche Dörfer insbesondere betroffen sind, dann fällt auf, dass es überwiegend frühere linke Hochburgen wie Buckow, Alt Golm, Neubrück sind. Sie sind inzwischen AfD-Hochburgen und ich halte es für nicht ausgeschlossen, dass dort bei einigen Menschen das Bedürfnis entstanden ist, nicht mehr ganz rechts zu wählen, sondern nur noch halb-rechts – vielleicht spukt da der Traum von einer gemeinsamen Partei von Wagenknecht und Weidel in den Köpfen.
Die AfD hat im Wahlkreis 35,4 % erhalten, wir liegen damit im brandenburgischen Vergleich am unteren Ende der hohen Werte, die in der Uckermark (36), der Prignitz (36,6), um Cottbus (39,1) und ganz im Süden (41 %) liegen.
Es ist aber erschreckend, dass unter diesem Wert von 35,4 % nur ganz wenige Gemeinden und Ämter liegen , nämlich Schöneiche (26,5), Wolterdorf (29,3), Erkner (30,9), Scharmützelsee (31,6) und Grünheide (32,5). Auch Frankfurt mit 32 % liegt darunter. Die Spitzenwerte erreichen Brieskow Finkenheerd mit 43,3 %, Rietz Neuendorf mit 43,1, Tauche mit 42,2, Odervorland (41,6), Neuzelle (41,5) und Beeskow (40,0). Fürstenwalde und Eisenhüttenstadt als größte Städte im Landkreis haben 36,3 und 39,6 %.

Es ist mir in der kurzen Zeit seit der Wahl nicht möglich gewesen, mir sämtliche Stimmbezirke im gesamten Kreis anzusehen. Insbesondere fehlen mir die Daten aus Eisenhüttenstadt und dem ehemaligen Landkreis EH, aber auch von Storkow mit seinen vielen Ortsteilen. Auch aus Fürstenwalde habe ich mir die Einzelergebnisse noch nicht angesehen, weil auch die Zuschnitte der Stimmbezirke wieder verändert worden sind und ich deshalb die Daten noch nicht zuordnen kann.

28.02.2024 Gerold Sachse